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Testbesuch bei Mc Donalds: Aller Anfang ist schwer - auch Perfektionismus will gelernt sein

Ein Beitrag für die Süddeutsche Zeitung von Jacob Kuypers, Andree Müller und Thomas Schick

Sauberkeit, schneller und unkomplizierter Service, Freundlichkeit, gutes Essen - so kennt man Mc Donalds. Nach dem Besuch einer Filiale dieser Restaurantkette fühlt man sich meistens viel besser als vorher. Das allein erreicht Mc Donalds durch ein sehr kundenfreundliches System, durch eine geradezu perfekte Planung des gesamten Restaurantlebens. Gut organisierte Arbeitszeiten des Personals, um den Anforderungen der entsprechenden Tageszeiten gerecht zu werden, die Auswahl von besten und bekannten Lieferanten für die Zutaten von Hamburgern und Fritten(beispielsweise Mövenpick oder Stöver Agrarfrost als Eis- bzw. Pommeslieferanten), zahllose Schulungsmaßnahmen für Filialleiter und Angestellte - von all diesem Aufwand merkt der Kunde im Restaurant wenig, denn er ist mit der Qualität von Mc Donalds zufrieden, schert sich nicht darum, wie es dem Konzern immer wieder gelingt, solch hohe Standards überall, zu jeder Zeit zu gewährleisten. Dahinter steckt unendlich viel Arbeit und Streben nach Präzision.
Vor allem haben neu eröffnete Filialen in den ersten paar Wochen mit einigen Problemen zu kämpfen, denn der gesamte Ablauf eines "Mc Donalds - Tages" erfordert schon etwas Einlaufzeit. Auch die Klasse 9b des Kaiserin-Auguste-Viktoria Gymnasiums Celle konnte das im Rahmen eines Mc Donalds-Testbesuches zur Bewertung für Stiftung Warentest "am eigenen Leibe" erfahren.
Auf den Geschäftsführer der neuen Filiale an der B 214 in Celle wartend versammelt sich die gesamte Klasse 9b vor dem Restaurant im Eingangsbereich. Währenddessen sucht ein Kunde, der es offensichtlich ziemlich eilig hat, nach der Eingangstür. "Wo ist denn der Eingang?" wendet er sich schließlich an einige nahestehende Schüler. Auch die Schüler müssen erst ein paar mal genau hinschauen, bis sie in den großen Glaswänden die Umrisse einer Tür ausmachen können. Gemein wie Tester und Kritiker nun einmal sind, schreiben sie einen negativen Vermerk auf ihren vorbereiteten Testzettel.
Doch auch der Klassenlehrer der 9b, Rolf Schmalhorst, muß sich erst mit den neuen Örtlichkeiten vertraut machen. Noch immer denkt er zurück an die viel zu schmale Einfahrt, die ohnehin schon sehr schwer zu finden war, da das Schild am Straßenrand umfahren worden war. Der Klasse wurde aber eine sofortige Behebung dieses Problems versichert.
Die Schüler werden bei ihrer Fehlersuche unterbrochen, denn eine vornehm gekleidete Frau mit kleinem "M", dem Golden Arches-Symbol von Mc Donalds, an der Jacke tritt aus dem Restaurant und begrüßt die Schüler: "Ich bin Frau Klausch. Herr Lampe, der Leiter dieser Filiale ist leider noch nicht eingetroffen, sollte aber bald kommen. Ich möchte euch einiges über Mc Donalds erzählen und euch die Filiale zeigen."
Und das tut sie auch. Mit vielen Worten klärt sie die Schüler über die Grundprinzipien von Mc Donalds auf und zeigt ihnen, daß es sich dabei nicht um eine einfache Restaurantkette, sondern um ein sich ständig wandelndes System handelt. Menschen ändern auch häufig ihr Aussehen, ihre Meinung, ihren Geschmack. Aus diesem Grund muß Mc Donalds dabei mithalten. Es darf nicht überholt und altmodisch sein, sondern muß sich immer wieder anpassen und den Menschen Vielfalt und Abwechslung bieten.
Die Klasse soll sich die Abstellräume anschauen, in denen anfallender Müll bis zum Abtransport aufbewahrt wird. Der Raum bietet den Schülern ein Bild, das sie zunächst erstaunt: Müllsäcke türmen sich übereinander, leere Paletten versperren den Weg. Doch Frau Klausch bleibt gelassen als sie das Chaos sieht. In all ihren Jahren bei Mc Donalds kennt sie diese "Anlaufschwierigkeiten" nur zu gut: Im Kundenandrang der ersten Tage türmt sich der Müll auf, der Hausmeister kann mit dem Entsorgen nicht hinterherkommen - verständlich, daß bei einer so hohen Besucherzahl die Sauberkeit und Qualität des Servicebereiches Priorität hat. Die Schüler sind sehr erstaunt über die Offenherzigkeit, mit der ihnen dieser nicht sonderlich schöne Abschnitt gezeigt wird. Aber selbst so ein gutes Gerüst wie Mc Donalds hat irgendwo einen lockeren Pfeiler, der jedoch nicht alles gleich zum Einsturz bringt, sondern dem Ganzen einen menschlichen Touch verleiht.
Die Schüler dürfen auch einen Blick in die Küche werfen. Hektisch bereiten sich die Angestellten auf die Mittagszeit vor, die Zeit, in der das Restaurant verständlicherweise sehr voll werden kann. Frau Klausch weist auch ganz ungezwungen auf einen Technikausfall hin, denn einer der Grills kann nicht genutzt werden. "Diese Ausfälle sind am Anfang völlig normal" erzählt sie den Schülern, denen in der stickigen Küche langsam etwas mulmig wird. Man stelle sich vor, daß die Angestellten halb- oder ganztags in einem solchen Klima arbeiten müssen, dazu noch gestreßt sind und gefordert werden. Da ist es auch nicht auszuschließen, daß in der sprichwörtlichen "Hitze des Gefechtes" selbst die beste Technik versagt.
Auch im Restaurantbereich, in dem die Schüler anschließend vom Filialleiter Werner Lampe begrüßt werden, gibt es noch ein technisches Problem: Die Klimaanlage ist ausgefallen. Doch es scheint niemanden zu stören, denn der Raum ist gut temperiert. Frau Klausch ist auch diese Panne nicht unangenehm. "Ich habe schon Schlimmeres bei Neueröffnungen erlebt", lacht sie. Auf die Frage eines Schüler, warum denn die Musik nicht spiele, antwortet sie: "Die haben wir wegen euch ausgemacht, damit wir uns besser verstehen. Keine Angst, das ist keine neue Panne!"
Alle geben sich damit zufrieden und spätestens beim Essen sind die anderen Pannen auch vergessen. Mit vollem Bauch und einer Menge neuer Informationen im Kopf ziehen die Schüler der Klasse 9b wieder ab, die Testzettel überwiegend voller positiver Eindrücke.
Wären sie ganz normale Kunden gewesen, so hätten sie nichts gemerkt vom ausgefallenen Grill, von dem vollen Abstellraum, von der kaputten Klimaanlage. Sie wären wahrscheinlich genauso glücklich nach Hause gefahren. Aber sie wären sich einer Tatsache nicht bewußt gewesen: Selbst bei einem Weltkonzern wie Mc Donalds gilt das Sprichwort "Aller Anfang ist schwer".