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RSTT am KAV

Am 22.02. haben vier Theatergruppen aus der Region Celle ihre Stücke vor einer Jury in der Aula des KAV-Gymnasiums präsentiert. Bei diesem Regionalen Schülertheatertreffen (RSTT) wird eine Jury darüber entscheiden, welche Gruppen ihre Stücke auf niedersächsischer Ebene erneut vorstellen dürfen. Dabei liegt der Fokus aber nicht auf dem erfolgreichen Ausstechen der Konkurrenz. Vielmehr schloss sich an jede Präsentation eine Stückbesprechung an, bei der die Teilnehmer der anderen Schulen als Außenstehende Lob und Kritik äußern konnten. Unabhängig vom Erreichen der nächsten Runde bietet also das RSTT den Theatergruppen die Möglichkeit, vor der Premiere an der Außenwirkung ihrer Stücke zu feilen. So konnte Herr Ostermeyer in seiner Begrüßung betonen, dass die Teilnehmer vom KAV, vom Riemann-Gymnasium in Scharnebeck und vom Christian-Gymnasium in Hermannsburg ein gutes Beispiel dafür sind, wie man in der Schule nicht nur am nützlichen Gegenstand das Wissen, sondern auch am übernützlichen die Persönlichkeit entwickeln kann. Tatsächlich haben sich die Theatergruppen des KAVs dieses Jahr anspruchsvolle Themen ausgesucht. Die Mittelstufen-Theater-AG unter der Leitung von Frau Pangerl und Herrn Müller stellt sich die Frage, was Freundschaft eigentlich ist. Eine solche Aufgabe rechtfertigt eine wissenschaftliche Herangehensweise. Die Handlung beginnt also in einem Labor. Die Forscher bekommen den Auftrag, herauszufinden, was echte Freundschaft ist. Im Verlauf kehrt das Stück immer wieder zu dieser Rahmenhandlung zurück: Durch Spielszenen, die sie ablaufen lassen, anhalten, verändern und mit verschiedenen Ausgängen durchspielen, tasten sich die Wissenschaftler an eine Antwort heran. Durch die schnellen Szenenwechsel und die Verzahnung der beiden Erzählebenen in den Kommentaren der Forscher ist ein schnelles, abwechslungsreiches Stück entstanden, das seinen roten Faden nie aus den Augen verliert und vor allem durch den Einsatz vielfältiger Musik und Geräuscheffekte äußerst unterhaltsam ist. Das Zuschauen macht aber nicht nur Spaß. Die Spielszenen wurden so gewählt, dass jeder mit ihnen eigene Erfahrungen verbinden kann: wie ein Clique eine neue Schülerin ausgrenzt, sich dann aber einige Mitglieder auf ihre Seite stellen; wie eine Freundschaft zerbricht, weil die Familien wegziehen oder einer über den anderen gelästert hat. Gerade durch die Kommentare der Wissenschaftler wachsen die Klischees, mit denen das Stück „Freundschaft“ spielt, über sich hinaus und lassen so eine Betrachtung der eingangs gestellten Frage entstehen, bei der der Zuschauer für die Antwort selbst verantwortlich ist. Die Oberstufen-Theater-AG unter der Leitung von Herrn Lange führt den „Club der toten Dichter“ auf. Das Stück beginnt mit der Einschulung mehrerer Schüler in der Aula eines Elitegymnasiums. An dieser Stelle deutet sich schon der wahre Trumpf ihrer Inszenierung an: Da die Handlung an einer Schule spielt, werden Klassenraumszenen in echten Klassenräumen, Versammlungsszenen in der Aula usw. spielen – das gesamte Schulgebäude wird zum Darsteller, das Publikum zum aktiven Teilnehmer des Geschehens. (Man darf gespannt sein, wie die Höhle, in dem die Treffen des Clubs stattfinden, umgesetzt werden wird.) Dabei folgt das Publikum Alexander, der als Erzähler das Geschehen rückblickend kommentiert, zugleich als Schüler aber auch selbst an der Handlung teilnimmt. Die zentrale Frage des Stückes ist: „Was kann ich aus meinem Leben machen?“ Denn obwohl die Antwort auf diese Frage gute Selbstkenntnis und Vertrauen in die eigenen Entscheidungen verlangt, erwartet die neuen Schüler Drill, unbedingte Disziplin und Gehorsam. Kaum verwunderlich, dass das Auftreten der neuen Lehrerin die Jugendlichen elektrisiert: Die Deutschlehrerin Frau Berner weist sie an, die trockene Einleitung aus ihrem Schulbuch herauszureißen und will ihnen den „Luxus zeigen, für den sich die Arbeit lohnt“. Begeistert setzen die Schüler fort, was Frau Berner als Jugendliche selbst begonnen hat: Sie treffen sich, um gemeinsam Gedichte zu lesen, vorzutragen und eigene Verse zu präsentieren, als Mitglieder im „Club der toten Dichter“. Dieser Wandel im Selbstverständnis hin zum Willen, sich ausdrücken zu wollen und zu können, stößt auf den harten Widerstand der Schulleitung und hat tragische Konsequenzen. „Der Club der toten Dichter“ erlangt seine emotionale Wucht nicht allein durch seine Aktualität, durch die Innovationsfeindlichkeit und erschwerte Selbstfindung, durch die ratlose Resignation vor der Frage „Was macht mir Spaß?“, die man an der Schule, aber auch anderswo vorfindet, sondern auch durch die überzeugende und prägnante Darstellung der Schauspieler und den Einsatz von Live-Musik, die ebenfalls von Mitgliedern der Theater-AG gesungen und gespielt wird.