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Käse, Fahrräder und ganz viel Kultur

Wenn ich über meine ersten drei Monate in den Niederlanden nachdenke, sind diese drei Dinge das Erste, was mir spontan dazu einfällt. Käse und Fahrräder machen ja Sinn, aber warum Kultur? Vielleicht fange ich dazu lieber von vorne an.

Ich bin Laura Hinzmann und habe dieses Jahr mein Abi am KAV gemacht. Anstatt dann aber in Deutschland zu bleiben, um zu studieren, hat es mich in unser käse-, fußball- und fahrradliebendes Nachbarland, die Niederlande, verschlagen – genauer gesagt nach Emmen, 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Hier studiere ich die nächsten vier Jahre „International Business and Languages“ an der Stenden Hogeschool. Und genau das erklärt auch die Kultur. Die Stenden legt viel Wert auf Interkulturalität, weswegen in meinen Kursen nicht nur Leute aus den Niederlanden und aus Deutschland sitzen, sondern auch Russen, Litauer, Franzosen, Ukrainer und sogar jemand aus Brasilien und jemand aus dem Kongo.

In unserem Studiengang dreht sich viel um Kultur und um die Arbeit in internationalen Unternehmen. Dazu haben wir neben Interkultureller Kommunikation und Business Englisch natürlich auch wirtschaftliche Fächer, wie Marketing oder Rechnungs- und Finanzwesen, und eine moderne Fremdsprache, die im dritten Jahr während eines Auslandsstudiums perfektioniert wird. Meine Wahl fiel dieses Jahr auf Niederländisch und im nächsten Jahr belege ich Spanisch und Französisch. (Liebe Frau Prasuhn, ich bleibe Ihrer Sprache treu!)

Im Vergleich zu deutschen Unis ist an den Hogeschools in den Niederlanden einiges anders. In einem Kurs sind maximal 30 Leute, was super ist, weil man so total schnell Freunde findet. Außerdem ist unser Jahr nicht in Semester eingeteilt, sondern in Quartale. Jedes Quartal ist circa acht Wochen lang und am Ende werden dann Klausuren geschrieben. Was mir persönlich besonders gut gefällt, ist, dass in jedem Quartal unterschiedliche Fächer angeboten werden. Ebenso arbeiten wir in Kleingruppen in jedem Modul an einem neuen Projekt. Dieser „problemgesteuerte Unterricht“, wie wir an der Stenden sagen, wandelt die gelernte Theorie in ein Praxisbeispiel um. So müssen wir dieses Mal in unserer Projektgruppe eine Produktinnovation rausbringen und dazu einen kompletten Businessplan schreiben.

Aber auch außerhalb der Uni hat die Niederlande viel zu bieten. Wenn nicht grade unsere WG bei deutscher Schlagermusik (die Niederländer lieben Helene Fischer) auf ein Bier zusammensitzt, ist hier ein verkaufsoffener Sonntag oder dort ist mal wieder eine Party.

Ich habe das große Glück, dass ich ziemlich zentral wohne, sodass ich alles innerhalb von zehn Minuten mit dem Rad erreichen kann.

Apropos Rad, dass die Niederländer ihre Fahrräder lieben, ist kein Klischee. Eine Fahrradschlange aus 60 Schülern, die zur Schule fahren, ist hier keine Seltenheit. Und dass Radfahrer hier nicht brav auf dem Radweg fahren, sondern zu viert nebeneinander kreuz und quer auf der Straße verteilt und die Autos dabei geduldig hinter ihnen her tuckern, auch nicht. Abgesehen von den Verkehrsregeln, die hier gerne etwas großzügiger ausgelegt werden, und dem schlechten Fußball unterscheidet sich die Niederlande nicht groß von Deutschland.

Auch die Sprache ist sehr einfach, zumindest für uns Deutsche. Nach drei Monaten hier kann ich mich mehr oder minder gut verständigen, was zum Teil aber auch meinen niederländischen Mitbewohnern geschuldet ist, die ausschließlich in ihrer Muttersprache mit mir kommunizieren. Und wenn mal was nicht klappt, spricht hier so gut wie jeder englisch und in Grenznähe sprechen viele auch deutsch. Aber wenn man erst mal einige Zeit alleine im Ausland gelebt hat, wo man die Sprache nicht gut beherrscht, wird man sowieso auf einmal sehr flexibel. Selbst wenn das bedeutet, mit Händen und Füßen zu kommunizieren oder die Leute hinter einem an der Supermarktkasse ungeduldig: „Wees klaar!“ („Werd fertig!“) rufen, weil man fünf Mal nachfragen muss, was die Kassiererin gesagt hat.

Insgesamt gefällt mir mein Studium bis jetzt sehr gut. Vieles läuft manchmal ein bisschen chaotischer ab als in Deutschland und oft ist es auch nicht einfach, mit so vielen verschiedenen Kulturen zusammenzuarbeiten. Aber wenn man vor einem Studium komplett in Englisch nicht zurückschreckt und bereit ist, sich auf Leute aus den verschiedensten Kulturkreisen mit den verschiedensten Arbeits- und Verhaltensweisen einzulassen, würde ich jedem ein Studium in den Niederlanden empfehlen.

Wenn ich wollte, könnte ich noch Seite um Seite mit meinen Erlebnissen füllen, aber wenn ihr noch etwas wissen wollt, könnt ihr mir gerne mailen oder mir bei Facebook schreiben!

In diesem Sinne, tot ziens en hartelijke groeten uit Nederland!

Eure Laura