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Interview zum Lateinunterricht

LATEIN - EIN PROPRIUM GYMNASIALER BILDUNG



Latein ist in. Auch an den Celler Gymnasien entscheiden immer mehr Schülerinnen und Schüler für die Sprache der Römer und liegen damit im Bundestrend. Laut einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes haben im vergangenen Schuljahr bundesweit 739000 Kinder Latein gelernt, fast neun Prozent mehr als in den Vorjahren. Doch warum erlebt diese Sprache eine derartige Renaissance ?

Über die Argumente, die dafür sprechen, Latein als 2. Fremdsprache zu erlernen, äußert sich Ulrich Sperber, Fachobmann Latein am Celler KAV Gymnasium,.

Latein gilt als tote Sprache. Warum sollen sich Kinder heute noch damit beschäftigen ?

Sperber:

Linqua Latina mortua non est - Latein ist keineswegs eine tote Sprache, auch wenn sie kaum mehr aktiv gesprochen wird. Denn die Inhalte des heutigen Lateinunterrichts sind aktueller denn je: Viele Gedanken aus der Antike haben unsere Geschichte, die Philosophie, die Politik, das Rechtswesen, die Kunst und die Literatur nachhaltig geprägt. Eine Auseinandersetzung mit den Lehren und Personen der Antike trägt nachweisbar zur Selbstfindung junger Menschen bei und fördert die Ausprägung ihrer  Persönlichkeit.
Keine andere Sprache schult Genauigkeit , Geduld und analytisches Denken besser als Latein. Nur mit Konzentration und exakter Analyse läßt sich ein lateinischer Text erschließen. Dies wirkt sich sehr positiv auf die Arbeitshaltung der Kinder aus. Durch das im Lateinunterricht geübte beständige Übersetzen wird die eigene Ausdrucksfähigkeit in der Muttersprache erheblich gesteigert.
 
Das klingt teilweise nach „gutem alten Paukunterricht“.

Sperber:

Der heutige Lateinunterricht ist überhaupt nicht mehr mit den Unterrichtsformen der Vergangenheit vergleichbar. Modern  gestaltete Schulbücher mit ansprechenden Texten, attraktive Arbeitsaufträge wie Rätsel und Spiele, und, in Ergänzung dazu, motivierende Arbeitshefte machen den Lateinunterricht für die Kinder spannend und interessant zugleich. Trotzdem wird immer auf hohem Niveau Wissen vermittelt.

Ist Latein schwieriger als andere Fremdsprachen ?


Sperber:

Es ist unstrittig : Latein stellt höhere Anforderungen an die Konzentrations- und Abstraktionsfähigkeit als andere Sprachen. Aber die Tatsache, daß die Unterrichtssprache durchgängig Deutsch ist und vor allem, dass sich die Kinder nicht mit einer für sie völlig fremden Aussprache auseinandersetzen müssen, spricht für Latein.

Für viele Studiengänge - auch bei den romanischen Sprachen - ist der Nachweis eines Lateinabschlusses des Latinums  unabdingbare Voraussetzung.  Wer je auf einer Hochschule diese Abschlüsse nachholen musste, weiß um die damit verbundene massive Zusatzbelastung.

Müssen Kinder, die Latein lernen, auf die beliebten Austauschfahrten verzichten ?

Sperber :

Sicherlich können wir unseren Lateinschülerinnen und Lateinschülern keine direkte Begegnung mit Latein sprechenden Gleichaltrigen bieten. Bei uns am KAV Gymnasium unternehmen die Lateingruppen Fachexkursionen, beispielsweise zu Stätten ehemaligen römischen Lebens wie nach Kalkriese oder nach Xanten. Dazu kommen Museumsbesuche.

Welchen Schülerinnen und Schülern raten Sie, sich für Latein zu entscheiden?

Sperber:

Immer mehr Eltern sind zu der Erkenntnis gelangt, dass in Latein Inhalte vermittelt werden, die nicht kurzfristigen Modetrends unterworfen sind. Ich empfehle deshalb Latein als 2. Fremdsprache für Schülerinnen und Schüler, die neugierig auf die Welt der Antike sind,  die mit Freude gewissenhaft und sorgfältig an Texten arbeiten, Aufgeschlossenheit für historische Themen zeigen und die sich gerne aktiv in den Unterricht einbringen. Dringend warnen möchte ich jedoch , wenn Erziehungsberechtigte glauben, Latein sei als nicht gesprochene Sprache für Kinder geeignet, die bereits  Schwierigkeiten im Fach Englisch haben und sich aus diesen Überlegungen heraus  gegen eine weitere moderne Fremdsprache entscheiden.